Entdeckt und vergessen - Unerwünschtes Wissen

Text zu einem Vortrag

  •  Zum Thema

    Entdeckt und vergessen: Daß Entdeckungen, Erfindungen, bestimmte Fertigkeiten und Künste durch allerlei Umstände im Lauf der Zeit verloren gehen können, gehört zu unserer Erfahrung. Mancher handwerkliche Kniff etwa, den alte Völker beherrscht haben, mußte Jahrhunderte später mühsam neu gefunden werden, weil er, zu irgendeinem Zeitpunkt nicht mehr praktiziert, dem Vergessen anheim fiel. Zahlreiche Beispiele belegen dies in vielen Bereichen. Denken wir - wahllos herausgegriffen - an die Architektur. Viele alte Völker, allen voran die Römer, beherrschten technisch vollkommen den Bau riesiger Gewölbe und Kuppeln aus Stein (vgl. Pantheon in Rom 2. Jh. n. Chr., Hagia Sophia in Istanbul 6. Jh.). Nach dem Untergang des römischen Reiches war diese Kunst fast 1000 Jahre lang vergessen und mußte neu entwickelt werden (vgl. Dom in Florenz 15. Jh.).

    Wissen kann man verlieren, hauptsächlich wenn es nicht ständig angewendet wird. Mancher erlebt schmerzlich, daß beispielsweise sein Schulenglisch plötzlich versagt, wenn er sich im Ausland ausdrücken sollte. Das einst mühsam Erlernte ist vergessen. Wissen kann man aber auch verlieren, wenn es Inhalte umfaßt, die in die Denkmuster der Zeitgenossen nicht hinein passen. Unerwünschtes Wissen stört herrschende Denkmodelle, wird daher verlacht, totgeschwiegen, bekämpft, verdrängt - vergessen.

    Zunächst sollen zwei Beispiele aus der Geografie dargestellt werden, wo Wissen ins Abseits geriet. Ich nenne diese Beispiele bewußt, weil in der Geschichte der Wissenschaften die Erkundung der Erde der Erforschung des Himmels voranging.


  •  Die Umsegelung Afrikas durch die Phöniker

    1497 gelang es nach mehreren Anläufen dem Portugiesen Vasco da Gama (um 1469 - 1524), das Kap der Guten Hoffnung zu umsegeln. Mit dieser Pioniertat war der lang ersehnte Seeweg nach Indien gefunden, nachdem der Landweg damals durch die Türken gesperrt war. Wer denkt aber daran, daß man diese Passage über 1000 Jahre vorher auch schon kannte? Um 600 v. Chr. umsegelten phönikische Seeleute Afrika im Auftrag des ägyptischen Pharaos Necho II.

    Phönikien (Purpurland) war im Altertum der griechische Name des schmalen Landstrichs an der syrisch-libanesisch-israelischen Mittelmeerküste etwa zwischen Latakia und Akko. Mindestens seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. lebte hier eine semitisch sprachige Bevölkerung (Kanaanäer), aus der nach den tief greifenden Veränderungen des Seevölkersturmes (etwa 1200 - 1175 v. Chr.) die Phöniker hervorgingen. Der Machtverfall Ägyptens und der vorderasiatischen Großreiche nach 1200 führte zum Erstarken zahlreicher Stadtstaaten (Byblos, Tyros, Sidon). Die Phöniker waren ausgezeichnete Seeleute, die bereits mit Hilfe der Sterne navigierten. Sie gründeten Handelskolonien an den Mittelmeerküsten, besonders auf Zypern, Sizilien, Malta und Sardinien, in Südspanien und Nordafrika, wo sie später als Punier zur vorherrschenden Handelsmacht im westlichen Mittelmeer aufstiegen. Wir erinnern uns, daß wir im Geschichtsunterricht von der permanenten Gefahr hörten, die von Karthago (Tunesien) ausging, und daß die Römer in drei Punischen Kriegen diese bedeutsame Seemacht zerstört und deren Gebiete zu römischen Provinzen gemacht haben. Mit dem Untergang der punischen (phönikischen) Herrschaft ging auch deren Wissen um die Ozeane verloren. Die Römer waren vorzugsweise eine Landmacht und politisch auf die Mittelmeerwelt fixiert.

  •  Die Entdeckung Amerikas durch die Wikinger

    1492 landete Christoph Kolumbus erstmals in Amerika. Man feiert dieses Datum als eine der entscheidenden Zeitmarken der Geschichte. Wer denkt aber daran, daß schon ein halbes Jahrtausend vorher Menschen diesen Kontinent betreten haben? Die Wikinger haben bereits um 1000 dort gesiedelt.

    Das nordgermanische Volk der Wikinger bewohnte Nordeuropa (Schweden, Norwegen und Dänemark) im 9. - 11. Jahrhundert n. Chr. Auch sie waren ganz vortreffliche Seeleute, die vorübergehend oder langfristig in weiten Teilen Europas als Kaufleute, räuberische Gefolgschaften und Landnehmer präsent waren. Im Westen und in Sizilien waren sie auch als Normannen bekannt, im Osten als Rus und Waräger. Die Gründe für das weite Ausgreifen über ihr nordeuropäisches Ursprungsgebiet hinaus müssen sehr unterschiedlich gewesen sein. Erwerbsstreben wird dabei ebenso eine Rolle gespielt haben wie der u.a. durch Bevölkerungsdruck und gewandelte gesellschaftliche Strukturen bedingte Wunsch, Neuland zu gewinnen.

    Die wichtigste Voraussetzung für ihre Expansion nach Übersee war das Wikingerschiff. Ihre Schiffe waren in hohem Maß für die Hochseefahrt tauglich. Für das Befahren der heute eisigen Nordmeere kam ihnen das mittelalterliche Klimaoptimum entgegen. Grönland ("grünes Land") wurde im 10. Jahrhundert unter Führung des Norwegers Erich dem Roten (um 950 - vor 1005) besiedelt. Es entstanden an der Südspitze und an der Westküste je eine Kolonie mit insgesamt mehreren hundert Höfen, die einige Jahrhunderte überdauerten. Klimaverschlechterung, Pest, ausbleibender Nachschub und die von Nordwesten vordringenden Eskimos sowie fehlende Anpassung an die arktischen Bedingungen trugen zum Untergang der Wikingersiedlungen bei.

    Die weiteste Expansion der Wikinger führte kurzfristig von Grönland aus nach Nordamerika. Mehrfach sind Fahrten dorthin überliefert. Leif Eriksson (um 975 - um 1020), der Sohn Erichs des Roten, kam um 1000 auf der Fahrt nach Grönland durch einen Sturm vom Kurs ab und gelangte an die Küste Nordamerikas (vermutlich das Gebiet von Nova Scotia, Labrador), die er "Vinland“ - wohl (Beeren-)Weinland - nannte; er segelte bis in die Gegend von Boston/USA. An der Nordspitze der Insel Neufundland/Kanada wurde bei dem Fischerdorf L'Anse aux Meadows ein Wohnplatz der Wikinger entdeckt.

    Die Entdeckung Amerikas durch die Wikinger blieb ohne historische Folgen, weil ihren Siedlungen nur eine kurzzeitige Dauer beschieden war, nicht zuletzt wegen der Einwanderung der Eskimos, eines mongolischen Volkes, das über die Beringstraße vordrang, noch auf einer steinzeitlichen Kulturstufe stand und die Hochseefahrt nicht beherrschte.


  •  Das Problem der Griechen

    Wie in der Geografie, ging leider auch in der Astronomie viel Wissen im Lauf der Zeit verloren, und zwar meist auf tragische Weise; denn eine naturwissenschaftliche Durchdringung des Kosmos erbrachte allzu lange ein Wissen, das die Menschen einerseits zwar bereicherte, andererseits aber auch belastete und unerwünscht war. Dazu finden sich sehr viele Beispiele im alten Griechenland.

    Das astronomische Wissen der Griechen beruhte im Wesentlichen auf den Beobachtungen der babylonischen Astronomen. Babylonien ist das Mutterland der Astronomie, die Griechen sind die Erben. Dabei galt das Interesse der Griechen weniger den kosmischen Erscheinungen selbst als mehr den Ursachen der Erscheinungen. Dies ist der Grund, weshalb man in Griechenland erstmals versucht hat, eine theoretische Erklärung für die beobachteten Bewegungsabläufe zu geben.

    Die Stärke der Griechen lag in der Entwicklung einer anschaulichen Vorstellung, die gestützt war durch Theorie oder Spekulation. So schufen Griechen die ersten allgemeinen Hypothesen, Entwürfe, Denkmodelle, Überlegungen über die Gesetzmäßigkeiten am Himmel sowie Vorstellungen über die Entstehung des Weltganzen. Die Schwäche der Griechen lag darin, daß sie die praktische, messende und beobachtende Astronomie vernachlässigten. Sie meinten, zur Erkenntnis gelange man eher durch Denken als durch Experimente.

    Die Folge war, daß viel Mythologisch-Mystisches, insbesondere gehörige Reste der babylonischen Sternenreligion, gepaart mit Elementen des Hinduismus aus Indien und der Zarathustrareligion aus dem alten Iran, in hohem Maß das philosophische und naturwissenschaftliche Denken der Griechen beeinflusste. Das reicht von der Annahme, die Gestirne seien beseelte göttliche Wesen, bis zur Unsterblichkeit der Seele und deren Wanderung durch den Kosmos. Solche altüberlieferten Denkmuster klangen so überzeugend, daß sie die Vorstellungen der maßgebenden Astronomen durch das gesamte Altertum und das Mittelalter beherrschten.


  •  Pythagoras: Die Erde ist eine Kugel

    Nach den übereinstimmenden Überlieferungen aller alten Kulturvölker wurde die Erde stets als Scheibe gesehen (z. B. Homer 8. Jh.). Pythagoras von Samos/Ägäis (um 570 - um 500 v. Chr.) begründete im 6. Jahrhundert v. Chr. in den griechischen Kolonien Unteritaliens die Philosophenschule der Pythagoräer. Er vermutete als Erster, daß die Erde kugelförmig und nicht flach sei. Zu dieser Ansicht gelangte er allerdings durch reine Spekulation.

    Als das gestaltende Formprinzip des Kosmos erkannte Pythagoras die Zahl. Über die Zahl als mathematische Größe kam es nach seiner Meinung zur fortschreitenden quantitativen Strukturierung der Welt. Am Anfang entstand als Keim die Eins, aus der sich der Kosmos entfaltete. Die Eins dehnte sich aus zur Zwei, zur Drei, zur Vier und brachte damit in Länge, Breite und Höhe die Linie, die Fläche, den Raum hervor. So erhielt der Kosmos Gestalt und Grenze. Kreis und Kugel galten ihm als vollkommene geometrische Formen. So wurde in der Mitte des Kosmos die kugelförmige Erde angenommen. Die Sonne, der Mond und die damals bekannten fünf Planeten drehen sich allesamt um die Erde in konzentrischen Kreisen, und zwar gegen den täglichen Himmelsumschwung von West nach Ost. In der Ferne besteht die Sphäre der Fixsterne, die sich nicht dreht.

    Obwohl dieses Modell prinzipiell richtig war, war Pythagoras nicht in der Lage, seine Ansicht zu beweisen. Sein spekulatives Weltbild war noch stark im Mythos gefangen. Auch seine Mathematik, nach der die Zahl zur Wahrheit führt, bewegte sich in einer Grauzone zwischen rationaler Wissenschaft und Zahlenmystik. Die pythagoräische Lehre besaß Züge einer philosophisch-religiösen Geheimlehre mit betont östlichen Einflüssen. Zur Auffassung von der Göttlichkeit der kosmischen Mächte und von der Beseeltheit der Natur traten Glaubenssätze über die Unsterblichkeit der Seele und die Seelenwanderung. Wegen ihrer esoterisch anmutenden Lehren wurden die Pythagoräer in Unteritalien bekämpft und verfolgt, so daß sich der Bund im 5. Jahrhundert v. Chr. auflöste. Doch der Gedanke von der Kugelgestalt der Erde saß bereits fest in den Köpfen vieler griechischer Denker.


  •  Parmenides: Das Planetensystem ist konzentrisch angeordnet

    Parmenides von Elea/Unteritalien (um 515 - um 445 v. Chr.), bedeutender Vertreter der Philosophenschule der Eleaten, war stark von Pythagoras beeinflußt. Vom Prinzip des sphärischen Seins ausgehend, soll auch er die Kugelgestalt der Erde gelehrt und eine konzentrische Schichtung des Universums, d.h. vor allem eine konzentrische Anordnung des Planetensystems um die Erde angenommen haben.

  •  Herakleitos: Alles ist in Bewegung

    Herakleitos (Heraklit) von Ephesos/Kleinasien (um 550 - 480 v. Chr.) brachte als Erster die Idee eines dynamischen Universums ins Spiel. Er bezog damit deutlich Position gegen Parmenides, der ein statisches Universum lehrte. Nach Meinung Heraklits gibt es jedoch keinen statischen Zustand; alle Dinge befinden sich in der Bewegung gegensätzlicher Prozesse des Werdens und Vergehens ("Alles fließt").


  •  Philolaos: Die Erde wird an den Himmel versetzt

    Philolaos von Kroton/Unteritalien (5. Jahrhundert v. Chr.) war ein Schüler des Pythagoras. Er zweifelte als Erster an einer (unbeweglichen) Erde im Mittelpunkt der Welt. Er nahm die Erde aus der Mitte und versetzte sie als Körper an den Himmel.

    Philolaos fragte sich, ob der Mittelpunkt des Universums nicht etwas anderes wäre als die Erde selbst, und stellte sich ein zentrales Feuer vor, um das sich zunächst die Erde, dann der Mond, die Sonne und die Planeten in konzentrischen Kreisen drehen. Schließlich folgt die Sphäre der Fixsterne, die sich nicht dreht. Dadurch, daß die Erde um ein Zentrum (das Zentralfeuer) kreist, scheint es den Menschen auf der Erde, als ob die Sterne sie umkreisen, und die Beobachtung des nächtlichen Himmels schien das zu bestätigen. Die Theorie des Philolaos setzte allerdings eine gebundene Rotation der Erde voraus, da man von keinem Ort der Erde dieses von ihm postulierte kosmische Feuer sehen konnte.


  •  Hiketas: Die Erde dreht sich um ihre Achse

    Hiketas von Syrakus/Sizilien (5. Jahrhundert v. Chr.) war ebenfalls ein Schüler des Pythagoras und modifizierte das System des Meisters. Er dachte bereits an eine um ihre eigene Achse rotierende Erde.


  •  Herakleides: Merkur und Venus drehen sich um die Sonne

    Herakleides von Pontus/Kleinasien (um 390 - 315 v. Chr.), ein Schüler von Platon, doch gleichfalls beeinflußt von den Pythagoräern, verwarf das Zentralfeuer und erklärte die tägliche Bewegung des Fixsternhimmels als Folge einer Achsendrehung der Erde von Westen nach Osten.

    Gleichzeitig sprach er als Erster den Gedanken aus, daß sich wenigstens zwei Planeten - nämlich Merkur und Venus - um die Sonne drehen und nicht um die Erde. Mit dieser Annahme, die nicht mehr nur auf Spekulation, sondern bereits auf genauen Beobachtungen beruhte, lieferte er erste Ansätze zu einem heliozentrischen Weltbild.

    Wir erleben Schritt für Schritt, wie die Idee heranreift, daß die Sonne eine zentrale Rolle spielen muß. Da es aber Herakleides bei der Drehung der drei anderen Planeten sowie des Mondes und der Sonne um die Erde bewenden ließ, stockte hier der Fortschritt. Dennoch bedurfte es nur noch eines Funkens, um die Idee aufflammen zu lassen, daß sich alle Planeten, einschließlich der Erde, um die Sonne drehen.


  •  Leukippos: Die Materie besteht aus vielen unteilbaren Teilchen

    Leukippos, wohl aus Milet/Kleinasien (5. Jahrhundert v. Chr.), wird die Annahme zugeschrieben, die Wirklichkeit bestehe aus Materie und dem leeren Raum, die Materie aus unendlich vielen, unteilbaren und unveränderlichen Teilchen von verschiedener Gestalt, den Atomen. Deren ständige Bewegung, Zusammenstöße und Häufung seien Ursache der Weltbildung. Da den Atomen die Bewegung als eine Ureigenschaft zukommt, bedarf es keines zusätzlichen Bewegungsprinzips oder eines ersten Bewegers.

  •  Demokritos: Die Milchstraße wird von Sternen gebildet

    Demokritos (Demokrit) von Abdera/Nordgriechenland (um 460 - 380/370 v. Chr.) gehörte wie auch sein Lehrer Leukippos zur Schule der Atomisten. Auch sein großes Interesse galt der Bewegung der Materie im leeren Raum. Er äußerte die Meinung, die Milchstraße sei nicht nur ein diffus leuchtendes Band am Himmel, sondern eine gewaltige Ansammlung unzähliger Sterne.


  •  Anaxagoras: Die Sonne ist ein glühender Körper

    Anaxagoras von Klazomenai/Kleinasien (um 500 - 428 v. Chr.) war ein Vertreter der ionischen Aufklärung. Er gehörte einer Philosophenschule an, die sich darum bemühte, den kosmischen Erscheinungen allein mit rationalen Mitteln auf die Spur zu kommen und die Astronomie von ihren mythologischen Resten zu befreien. Der seit den Babyloniern herrschende und von den Pythagoräern weiter getragene Gedanke an die göttliche Natur der Gestirne hatte leider auch dem Absinken in astrologische Spekulation den Weg bereitet.

    Wie bei den Atomisten spielen auch bei Anaxagoras kleine Teilchen eine wesentliche Rolle. Es sind einander ähnliche Teilchen, unendlich viele und unendlich kleine Elemente, die das ursprüngliche Sein in einer chaotischen Mischung bilden. Alle Dinge entstehen und vergehen durch Mischung und Trennung der jeweils gleichartigen Teilchen. Er versuchte, die Entstehung der Welt aus physikalischen Ursachen zu erklären und nahm dafür eine Wirbelbewegung dieser Teilchen (Urstoffe) an. Damit kehrte er sich entschieden von der Lehre des Empedokles ab, daß alles aus der Vermischung und Entmischung der vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde entstanden sei.

    Sonnen- und Mondfinsternisse beschrieb er in ihrer Entstehung physikalisch richtig. Die Sterne sah er nicht mehr als bloße Lichtpunkte, sondern als materielle Körper. Er behauptete, die Sonne sei kein göttliches Wesen, sondern ein glühender Felsbrocken von der Größe des südlichen Griechenland und der Mond sei in seiner Substanz der Erde ähnlich. Anaxagoras sprach von einer den Kosmos ordnenden Vernunft. In seinem Weltbild waren die Götter bereits abgetreten, aber zu früh. Die Athener erhoben gegen ihn eine Klage wegen Gotteslästerung; er kam in den Kerker und mußte danach die Stadt verlassen.


  •  Aristarchos: Die Sonne ruht im Zentrum der Welt

    Aristarchos von Samos/Ägäis (um 310 - um 230 v. Chr.) nahm als Erster an, daß die Erde und die fünf damals bekannten Planeten die Sonne umkreisen, während die Fixsterne unbeweglich seien. Damit ist er - 1800 Jahre vor Kopernikus - der eigentliche Begründer des heliozentrischen Weltsystems. Die Sonne stand nun im Mittelpunkt der Welt. Die Erde war nur noch einer der Planeten. Die Fixsternsphäre hielt er für unbewegt, was er mit der täglichen Rotation der Erde erklärte. Zu dieser Theorie bestärkte ihn das Ergebnis seiner Messungen, die für die Sonne das 300fache Volumen der Erde ergeben hatten. Auf Grund der gewaltigen Größe der Sonne schloß er, daß diese nicht um die kleine Erde kreisen könne, sondern daß sich die Erde um die Sonne drehen müsse.

    Den Einwand, daß man von der Erde aus keine parallaktischen Verschiebungen der Fixsterne beobachten könne, räumte er damit aus, daß er den Halbmesser der Fixsternsphäre so groß annahm, daß im Verhältnis dazu die Erdbahn punktförmig erschien, d. h. sind die Entfernungen unermesslich groß, tritt das Phänomen der Parallaxe nicht auf. Von seinen Schriften ist nur eine einzige kurze Abhandlung mit dem Titel "Über Größe und Entfernungen von Sonne und Mond" erhalten. Die Zahlen, die Aristarch in diesem Werk angibt, treffen zwar heute, im Zeitalter der Riesenteleskope nicht mehr zu, aber er hatte immerhin als Erster eine Vorstellung von den ungeheuren kosmischen Entfernungen (vor allem der Abstände der Sonne und des Mondes von der Erde) vermittelt.

    Sein Weltbild setzte sich leider nicht durch. Man machte sich über ihn und seine Lehre lustig. Darin taten sich vor allem der geniale Mathematiker Archimedes und der Schriftsteller Plutarch hervor. Von diesen beiden erfährt man übrigens auch mangels anderer Schriftzeugnisse von den kühnen Thesen des Aristarch. Archimedes von Syrakus/Sizilien (um 285 - 212 v. Chr.) erwähnt in seiner Abhandlung "Der Sandrechner", daß "Aristarch annahm, die Sterne und die Sonne seien unbeweglich und die Erde kreise um die Sonne", und Plutarch von Chaironeia/Griechenland (um 46 - um 120 n. Chr.) berichtet in seiner Abhandlung "Über das Gesicht im Mond", daß Aristarch dachte, "der Himmel stehe fest und die Erde beschreibe einen schiefen Kreis, wobei sie sich um ihre Achse drehe". Durch ihr Zeugnis ist erwiesen, daß Aristarch der Vorläufer der Kosmologie war, die lange später durch Kopernikus, Kepler und Newton zum Weltbild der Menschheit werden sollte.


  •  Eratosthenes: Der Erdumfang beträgt knapp 40 000 km

    Eratosthenes von Kyrene/Libyen (um 284/274 - um 202/194 v. Chr.) war als Prinzenerzieher und Leiter der Bibliothek in Alexandria/Ägypten tätig. Er wurde durch ein dreibändiges Werk bekannt, in dem er die geographischen Erkenntnisse seiner Zeit zusammenfaßte und eine Gradnetzkarte der damals bekannten Welt entwarf. Er erkannte die Schiefe der Ekliptik, die er mit 23° 5' angab (wahrer Wert 23° 26').

    Vor allem aber ermittelte er den Erdumfang durch genaue Beobachtung des Sonnenstandes. In Syene, dem heutigen Assuan/Ägypten, stand die Sonne zur Sommersonnenwende genau im Zenit; sie warf keine Schatten und schien senkrecht in einen Brunnen. Zum gleichen Zeitpunkt stand die Sonne in Alexandria, das auf dem gleichen Meridian liegt, 7° neben dem Zenit. Richtig führte Eratosthenes den Unterschied auf die Krümmung der Erdoberfläche zwischen Syene und Alexandria zurück. Da ihm die Entfernung zwischen beiden Städten bekannt war, gelang ihm aus dieser Breitendifferenz mit Hilfe der Trigonometrie die Berechnung der Erdkrümmung und damit des Erdumfangs zu 39 690 km. Dieser Wert stimmt erstaunlich genau mit dem wahren Wert (am Äquator 40 075 km) überein. Man hatte damit also eine Vorstellung von der Größe der Erde gewonnen.


  •  Hipparchos: Der Frühlingspunkt bewegt sich rückwärts entlang der Ekliptik

    Hipparchos von Nikäa/Kleinasien (um 190 - 120 v. Chr.) war der größte Astronom der Antike und der Begründer der wissenschaftlichen Astronomie. Wenn ihm auch noch sehr einfache Instrumente zur Verfügung standen, waren doch seine Beobachtungen von einer bis dahin nicht gekannten Qualität.

    Er legte den ersten Fixsternkatalog an, was ihm den Vorwurf gottwidrigen Tuns einbrachte. Als er dann seine eigenen Beobachtungen der Fixsterne mit älteren griechischen Beobachtungen verglichen hatte, entdeckte er die Präzession der Erde, die auf himmelsmechanische Ursachen zurückzuführende Rückwärtsbewegung des Frühlingspunktes in Richtung der Tierkreiszeichen, die sich als gleichförmige Bewegung des Himmelspols um den Pol der Ekliptik darstellt. Vereinfacht ausgedrückt: Er erkannte, daß die Erde bei ihrer Rotation eine Kreiselbewegung vollzieht.

    All die genannten griechischen Gelehrten haben mit ihren Beobachtungen und Theorien vor über 2000 Jahren im Prinzip die wichtigsten Zusammenhänge unseres Sonnensystems schrittweise durchaus richtig erkannt. Lediglich das Problem der Unregelmäßigkeiten der Planetenbewegung blieb den Astronomen der Antike verborgen. Vgl. dazu die Epizykeltheorie des Apollonios von Perge/Kleinasien (um 240 - 170 v. Chr.). Man sollte meinen, daß weitere Wissenschaftler kontinuierlich auf diesen Ergebnissen hätten aufbauen und zu weiterem Wissen vorstoßen können. Leider war dies nicht der Fall. Im Gegenteil: In der Folge ging wertvolles Wissen verloren. Die Autoritäten der Philosophen Platon und Aristoteles sowie des Naturwissenschaftlers Ptolemaios prägten mit ihren Schriften das Weltbild des gesamten Abendlandes für mehr als 1 ½ Jahrtausend. Wie war das möglich?


  •  Platon: Trennung zwischen sinnlich wahrnehmbarer und geistiger Welt

    Platon (427 - 348/347 v. Chr.) war einer der größten Denker der Antike. Sein philosophisches Werk war von nachhaltigster Auswirkung auf die abendländische Geistesgeschichte. Er gründete in Athen die Akademie, die erste wissenschaftliche Schule überhaupt in der Geschichte der Menschheit.

    Platon war stark von den Pythagoräern beeinflußt. Mit seiner Ideenlehre begründete er die Metaphysik, die bei ihm auf religiös getönter Erfahrung beruht. Im "Timaios" wird die Entstehung der Welt in Form eines Mythos dargestellt, indem der höchste Gott die Welt nach unwandelbaren Ideen (Urbildern) schafft, also nach den Prinzipien des Guten, der Ordnung und der Schönheit. Wie schon bei Pythagoras haben auch bei Platon Mathematik und Geometrie einen hohen Stellenwert. Die Urelemente faßte er als stereometrische Körper auf, die aus regelmäßigen Vielecken gebildet sind: Das Feuer als das beweglichste Element besteht aus Tetraedern, die Erde als das schwerstbewegliche aus Würfeln, der Luft wird das Oktaeder, dem Wasser das Ikosaeder zugewiesen. Sein Entwurf einer Mathematisierung der Natur ist nicht zu trennen von der Idee der Göttlichkeit und Beseeltheit des Universums.

    Seine Aussagen zur Kosmologie und Astronomie wurden von eminenter Bedeutung für die Nachwelt, insbesondere für das Weltbild des Christentums, und wirkten bis in die Zeit von Johannes Kepler. Charakteristisch für die Lehre Platons ist die Betonung der Transzendenz des Ursprungs (aufgefaßt als die Idee des Guten, identisch mit dem Einen) und der Abhängigkeit der sinnlich faßbaren von der geistigen Welt, ferner der Gedanke des Aufschwungs der unsterblichen Seele zum geistigen Bereich und der Glaube an das Gutsein des Weltschöpfers und an die Vernünftigkeit der Welt. Eine wichtige Rolle spielt die Analogie zwischen dem Menschen als Mikrokosmos und der Welt als Makrokosmos.


  •  Aristoteles: Trennung zwischen terrestrischer und kosmischer Physik

    Aristoteles (384 - 322 v. Chr.), Schüler von Platon, markiert zugleich Höhepunkt und Abschluß der klassischen griechischen Philosophie. Seine Lehren zur Kosmologie und Astronomie erlangten bald den Rang kanonischer Unfehlbarkeit.

    Wie schon Platon übernahm auch er das pythagoräische sphärische Modell eines geozentrischen Universums: Die (unbewegte) Erde bildet das Zentrum der Welt. Dann folgen in wachsenden Abständen transparente und konzentrische Sphären, denen jeweils ein Himmelskörper zugeteilt ist. Von der Erde aus, nach außen gezählt, sind dies Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter, Saturn, die Fixsterne und schließlich die Sphäre des Göttlichen. Charakteristisch für die Lehre des Aristoteles ist die Zweiteilung der Welt. Diesseits des Mondes liegt die "sublunare" Sphäre, der Bereich des Zeitlichen, also des Entstehens, der Veränderung und des Vergehens, und damit auch der Mängel. Es ist vor allem der Bereich des Irdischen, aber auch der Sternschnuppen, Kometen und der Milchstraße. Jenseits des Mondes liegt die „supralunare“ Sphäre, der Bereich des Ewigen und Unveränderlichen. Die materiellen Körper der ersten Sphäre sind aus den vier (vergänglichen) Elementen (Erde, Luft, Feuer und Wasser), die der zweiten Sphäre aus dem fünften (unvergänglichen) Element (quinta essentia), dem Äther, gebildet.

    Die aristotelische Sicht schuf damit eine dualistische Physik: die terrestrische Physik auf der Grundlage mechanischer Kräfte und die kosmische Physik auf der Grundlage eines göttlichen, ewig wirkenden "Unbewegten Bewegers". Das christliche Weltbild knüpfte später, unter der Prämisse eines personalen Gottes, vollinhaltlich an diese Auffassung an. Erst Kepler, Galilei und Newton haben im 17. Jahrhundert die Trennung von irdischer und himmlischer Sphäre, von terrestrischer und kosmischer Physik aufgehoben.


  •  Ptolemaios: Rückschritte in der wissenschaftlichen Welterklärung

    Klaudios Ptolemaios - lat. Claudius Ptolemäus (um 100 - um 160 n. Chr.) lehrte in Alexandria/Ägypten, dem wichtigsten Zentrum der Wissenschaften in der Spätantike. Im Gegensatz zu den Philosophen Platon und Aristoteles war Ptolemäus vielseitiger Naturwissenschaftler. Gleichwohl stand er betont in der Tradition der Lehren der beiden Überväter Platon und Aristoteles. Von ihnen stammen auch die Grundlagen der ptolemäischen Kosmologie: Das Himmelsgewölbe hat Kugelgestalt und dreht sich wie eine Kugel. Die Erde bildet das Zentrum des Universums; sie ist ebenfalls kugelförmig, aber ohne Bewegung. In der Bewegungslehre hatten sich damit die beiden Prinzipien, daß die Erde ruhend im Zentrum der rotierenden Fixsternsphäre verharrt und die Gestirne sich um die Erde mit gleichförmiger Geschwindigkeit in Kreisen bewegen, endgültig durchgesetzt. Seine Nachwelt hat diese Lehren zu einem unumstrittenen System erhoben. Als unverrückbare Grundlage beherrschte das streng geozentrische "Ptolemäische Weltbild" die gesamte Astronomie über ein Jahrtausend im Kulturbereich des Christentums wie auch im Islam.

    Die ptolemäische Kosmologie enthält teils erhebliche Mängel in der physikalischen Erklärung kosmischer Phänomene und tritt weit hinter den Wissensstand zurück, der zu seiner Zeit möglich gewesen wäre. Dies verwundert deshalb, weil ältere Gelehrte weit bessere Theorien erarbeitet hatten und die, wie wir heute wissen, der Wirklichkeit viel näher lagen.

    Im "Almagest", dem Hauptwerk des Ptolemäus, bilden Physik, Mathematik und Theologie eine untrennbare Einheit. Die von vielen griechischen Denkerschulen, vor allem aber von Platon und Aristoteles hochgehaltene Verschränkung der Physik mit der Metaphysik kam den religiösen Bedürfnissen zu allen Zeiten entgegen und bot gute Ansatzpunkte für theologische Interpretationen des kosmischen Geschehens.

    Vieles wurde daher über Bord geworfen, was die Weltsicht der Religionen, zunächst vor allem die griechisch-römische Religion, später auch Judentum, Christentum und Islam störte. In erster Linie mußte das heliozentrische System des Aristarchos fallen, das die Erde aus der Mitte genommen hatte. Seit der Mensch zum "Maß aller Dinge" (Protagoras) erklärt und gar zur Gottesebenbildlichkeit (Bibel) überhöht wurde, mußte die Erde geradezu das Zentrum der Welt sein. Die Erde durfte sich auch nicht mehr drehen. Als Triebkraft der kosmischen Bewegungen nahm Ptolemäus eine den Gestirnen innewohnende Seele an. Zum Wesen der Fixsterne und anderer kosmischer Phänomene (z. B. Milchstraße) äußerte er sich nicht mehr. Die Gedanken an die atomare Struktur der Materie wie auch die Vorstellung von der unermesslichen Weite des leeren Raumes erschienen materialistisch und gottfern. Viel eher befreundete man sich wieder mit den mystischen Eigenschaften der Elemente (Feuer, Wasser, Luft und Erde) und dem Äther als einer geheimnisvollen Brücke zwischen der irdischen und der himmlischen Welt.

    Die Welt des Ptolemäus war sehr klein geworden. Er berechnete die Entfernung der Erde von der äußeren Fixsternsphäre auf 20 000 Erdhalbmesser (rund 12,7 Mio km = 0,08 AE). Den Erdumfang berechnete er auf 29 000 km und damit um 27% zu klein. Außerdem vertrat er die Auffassung, daß 7/8 der Erdoberfläche aus Land bestehe. Die beiden letztgenannten fehlerhaften Umstände haben sich später im Entdeckungszeitalter auf die Seefahrt äußerst nachteilig ausgewirkt.

    Bei Ptolemäus hat ferner die Astrologie noch einen hohen Stellenwert. In seinem "Tetrabiblos" verknüpfte er die babylonische Planetenastrologie mit der ägyptischen Tierkreisastrologie und stellte nur deren Zahlenwerk auf eine neue mathematische Grundlage. Die Akzeptanz der spätantiken Astrologie wurde durch die Geozentrik seiner Kosmologie stark erhöht; denn die besondere Ausrichtung des kosmischen Geschehens auf die Erde und ihre Bewohner ist ja wesentliche Voraussetzung der Astrologie, aber auch der ptolemäischen Astronomie. Das machte beide Systeme für lange Zeit unangreifbar.


  •  Christentum: Rückgriff auf das Weltbild der Bibel
    Das Christentum ist aus dem Judentum herausgewachsen; Jesus und seine ersten Anhänger waren schließlich Juden. Das kosmologische Weltbild der Juden haben die ersten Christen übernommen und weitergetragen. Es beruhte auf den Schöpfungsberichten des Alten Testamentes der Bibel (1. Mose 1 ff.), die auf die Zeit um 900 v. Chr. zurückgehen. Das biblische Weltbild speist sich aus literarischen Quellen Mesopotamiens und überliefert daher noch weitgehend mythische Vorstellungen. Gott schuf die Welt aus dem Nichts. Die Erde wurde als runde oder viereckige Scheibe in der Mitte des Weltalls angenommen. Der Himmel stützt sich an vier Ecken auf die Erde. Engel führen die Sterne. Das Weltsystem des Ptolemäus wurde als gottlos und heidnisch abgelehnt. Alle Reste von Klarheit der spätantiken griechisch-hellenistischen Kosmologie waren verloren. Gleichzeitig entwickelte sich ein Argwohn gegen jegliches naturwissenschaftliche Forschen. Die christliche Theologie erhob sich zur Königin der Wissenschaften. Die Kirche entschied darüber, ob eine naturwissenschaftliche Theorie richtig war oder nicht. Die Folgen sind bekannt: Jede Abweichung von der offiziellen Lehre wurde als Ketzerei durch Kerker, Folter und Scheiterhaufen unterdrückt.

    Trotzdem versuchten immer wieder einzelne Wissenschaftler, an den zementierten Thesen zu rütteln. Vor allem die Lehre von den Engeln als Urhebern der himmlischen Bewegungen blieb nicht unwidersprochen. Nikolaus von Oresme (1320 - 1382), Bischof von Lisieux/Normandie, beschäftigte sich mit dem Problem der kosmischen Bewegungen. Er schlug als Alternative vor, daß sich nicht die Himmelskugel um die Erde, sondern diese sich um ihre Achse dreht.

    Nikolaus von Kues (1401 - 1464), Kardinal und Bischof von Brixen/Südtirol, setzte dem begrenzten stufenförmigen Kosmos (vgl. Dante, Göttliche Komödie) die Idee eines unbegrenzten Kosmos ohne Mittelpunkt und ohne Umfang entgegen, in dem die Erde nur eines unter zahllosen anderen, ebenfalls bewohnten Gestirnen ist; er meinte ferner, daß sich alle Himmelskörper bewegen, auch die Erde. Angriffen begegnete er mit dem Hinweis, daß alles von Gott zu seiner Verherrlichung geschaffen sei.

    Das von Nikolaus Kopernikus (1473 - 1543) wiedergefundene heliozentrische Weltbild, welches das Wissen revolutionierte, wurde wohlweislich erst in seinem Todesjahr veröffentlicht, setzte sich aber noch lange nicht durch; seine Schriften kamen auf den Index der verbotenen Bücher.

    Galileo Galilei (1564 - 1642) vertrat das kopernikanische Weltbild öffentlich, mußte sich vor der Inquisition wegen Ketzerei verantworten und entging nur durch Widerruf dem Feuertod.

    Giordano Bruno (1548 - 1600) ging noch einen gefährlichen Schritt weiter. Er erklärte das All für unendlich; die Sonne sei nicht Mittelpunkt der Welt, sondern es gebe unendlich viele Welten, von denen jede ihre eigene Sonne habe. Wegen dieser "Ketzerei" wurde er 1600 in Rom öffentlich verbrannt.

    Die Wissenschaftsgeschichte zeigt (und das gilt leider nicht nur für die Astronomie), wie sehr philosophische Voreingenommenheit, religiöser Fundamentalismus und geistige Verblendung das Wissen blockieren können. Entdeckt und vergessen - Unerwünschtes Wissen stört.


    Text: Karlheinz Bauer, AAU (2003)